No Parking
Park(haus)verbot
In einer Zeit, in der Städte sich zunehmend in Richtung einer grüneren, nachhaltigeren Zukunft entwickeln, sinkt der Bedarf an großen innerstädtischen Parkhäusern rapide. Der Aufstieg des öffentlichen Nahverkehrs, der Fahrradinfrastruktur und geteilter Mobilitätskonzepte verändert die Art und Weise, wie wir uns fortbewegen und damit auch, wie wir Raum nutzen. In diesem sich wandelnden urbanen Kontext werden monofunktionale Parkhäuser zunehmend überflüssig. Ihre Umgestaltung bietet eine einzigartige Gelegenheit, wertvolle Immobilien zurückzugewinnen und sie mit neuen, sinnvollen Nutzungen wieder in das Stadtgefüge zu integrieren.
Das Projekt in der Münchener Innenstadt nutzt dieses Potenzial durch die adaptive Umnutzung eines Parkhauses. Das Parkhaus wird zu einer lebendigen Mischung aus Wohn- und Atelierräumen in Kombination mit öffentlichen und gewerblichen Bereichen umgestaltet. Anstatt die Vergangenheit auszulöschen, baut die Umgestaltung auf dem bestehenden tragenden Gerüst auf und nutzt es als Grundlage für eine flexible und menschengerechte architektonische Intervention.
Eine eigenständige, zugleich verwobene Raumstruktur kontrastiert mit der starren Logik des ursprünglichen Gebäudes, indem Volumen eingeführt werden, die abwechslungsreiche, lichtdurchflutete Wohnumgebungen schaffen. Diese Überlagerung von Alt und Neu ermöglicht eine klare Lesbarkeit der Elemente innerhalb des Ganzen. Die Bewohner können ihre Einheiten nach ihren Bedürfnissen individuell gestalten und neu interpretieren, wodurch die Grenzen zwischen Arbeiten und Wohnen, zwischen Privatem und Öffentlichem verschwimmen.
Die ehemalige Zufahrt des Gebäudes wurde in ein großzügiges Atrium umgewandelt, das nun als sozialer und räumlicher Mittelpunkt des Komplexes dient. Das Atrium fungiert sowohl als Verbindungsweg als auch als gemeinschaftlicher öffentlicher Raum, lässt Licht und Luft in den Kern des Gebäudes, fördert die Interaktion zwischen Bewohnern und Besuchern und schafft damit ein starkes Identitätsgefühl.
Das Erdgeschoss und der erste Stock werden durch öffentlich zugängliche Räume für lokale Unternehmen und öffentliche Dienstleistungen belebt, was die Verbindung zum Stadtteil stärkt und eine lebendige, gemeinschaftsorientierte Atmosphäre fördert.
Eine zweistöckige Dachaufstockung vervollständigt die Umgestaltung. Sie vergrößert die Nutzfläche und passt gleichzeitig die Höhe des Gebäudes an die Umgebung an. Die beiden neuen Dachgeschosse bieten zusätzliche Wohnräume und Terrassen und schaffen weitere Möglichkeiten für eine flexible Nutzung und das Leben im Freien im Herzen der Stadt.
Durch die Erhaltung und Neuinterpretation bestehender Strukturen reduzieren wir den Ressourcenverbrauch und die Emissionen und steigern gleichzeitig den architektonischen und sozialen Wert. Damit vollzieht sich der Wandel von einer autozentrierten Planung hin zu einem menschenzentrierten Leben, ein Modell für urbane Regeneration in einer Zeit nach dem Parken.
Über den Preisträger
Simpert Hafenmeier ist ein in Berlin ansässiger Architekt, der an der Schnittstelle von Architektur, Kunst und Szenografie arbeitet. Er hat einen Master-Abschluss in Architektur und Kunst der Akademie der Bildenden Künste München. In den letzten Jahren arbeitete er bei David Chipperfield Architects an internationalen Wettbewerben, unter anderem in Seoul, Zürich und Prag. Er war an Christo und Jeanne-Claudes „The Floating Piers“ beteiligt und hat verschiedene Bühnenbild- und Innenarchitekturprojekte realisiert. Derzeit arbeitet er freiberuflich an der nachhaltigen Umnutzung eines denkmalgeschützten Gebäudes in Norddeutschland.