Review: „Contact M“, Einzelausstellung von Park McArthur im Museum Abteiberg (Mönchengladbach)

Auf eines der zahlreichen Reiseziele des Programms „Rendez-vous“ in Westdeutschland habe ich mich besonders gefreut: das Museum Abteiberg in Mönchengladbach.

Die Lektüre eines Interviews seines Gründers Johannes Cladders (1924-2009)1 zu Beginn meines Kunstgeschichtsstudiums hat mich nachhaltig beeindruckt. Damals entdeckte ich, wie es dem Kurator gelungen war, an der Spitze dieses Museums, das außerhalb der Zentren des künstlerischen Schaffens liegt, eine der dynamischsten Kunstinstitutionen des Europas der 70er Jahre zu begründen, indem er ein Museum als Laboratorium konzipierte, das dank seiner Zusammenarbeit mit dem Architekten Hans Hollein zu einem der grundlegendsten Beispiele für eine Museumsarchitektur werden sollte, die für die Präsentation zeitgenössischer Kunst entworfen ist2. Ein Museum, das sich auf das Erlebnis der Besucher:innen konzentriert, über keinen vorgegebenen Rundgang verfügt und in dem das Umherschweifen der Körper im Raum, die Vielfalt der Blickwinkel und die Wechselwirkung zwischen Innen und Außen eine grundlegende Rolle für die Wahrnehmung der Kunstwerke spielen.

Obwohl ich die Website des Museums schon dutzende Male besucht hatte, um zu verstehen, wie sich die Kunstwerke in diese einzigartige Architektur einfügen, war ich dennoch überwältigt, als ich diesen Tempel der postmodernen Museumsarchitektur zum ersten Mal live erlebte. Eine alldurchdringende Architektur, die als eigenständige skulpturale Tat betrachtet werden könnte, in der die extreme Rauheit des White Cube (Marmorboden, weiße Leuchtstoffröhren an der Decke ...) durch die Sanftheit der Wölbung, die subtile Lichtgestaltung, die Sitzgelegenheiten und andere integrierte Einrichtungen ausgewogen wird, was diesen Ort zu einem wegweisenden Beispiel für einen Rückzugsort macht, der den Werken und ihrer autonomen Wahrnehmung dient.

Die aktuelle Ausstellung von Park McArthur3 ist unvermeidlich von diesem Ort geprägt, der zu einem wesentlichen Bestandteil des Projekts wird. Die 1984 geborene und in New York lebende US-amerikanische Künstlerin entwickelt seit etwa zehn Jahren eine konzeptuelle Arbeit, mit der sie auf die Räume reagiert, in denen sie ausgestellt wird, und insbesondere in einer Art Institutionskritik die Politik des Ableismus und ihre konkreten Auswirkungen im öffentlichen Raum offenlegt.

„Contact M“ versammelt die wichtigsten Werke, die die Künstlerin in den letzten zehn Jahren geschaffen hat, und ist unter dem Gesichtspunkt der Zersplitterung zu interpretieren. Die Ausstellung findet zeitgleich an zwei Orten statt: im Museum Abteiberg und im mumok in Wien. Park McArthur spielt mit der Frustration der Besucher:innen, nicht das Gesamtprojekt sehen zu können, das von einem Umfeld zum anderen dieselben Werke oder Werke aus derselben Serie ausstellt und trotzdem eine neue Form annimmt. Außerdem bereichert die Künstlerin das Projekt um einen Verweis auf eine dritte Institution, indem sie eine monumentale Reproduktion des Wandbildes Is this an investment, pied-à-terre, or primary residence? (2018) ausstellt, das ursprünglich im Rahmen der Project Series im MoMA in New York entstanden ist4.

Im Inneren des Museums Abteiberg setzt sich das Prinzip der Zersplitterung fort: Die Künstlerin verstreut ihre Werke bis in die Zwischenräume der Institution und lässt dabei bewusst bestimmte Bereiche leer, die für Menschen mit Behinderung unzugänglich sind5. Park McArthur, die selbst Rollstuhlfahrerin ist, stellt ihre persönliche Erfahrung in den Mittelpunkt ihres künstlerischen Schaffens. Der Körper der Künstlerin ist in der Ausstellung unterschwellig allgegenwärtig: durch eine Tafel, auf der die Namen aller Menschen aufgeführt sind, die sie seit 2012 bei ihren täglichen Fortbewegungen getragen haben (Carried and Held, seit 2012); durch Kleidung, die während der „Arbeit, die zum Leben notwendig ist“6 (Commodes, 2024) getragen und abgenutzt wurde; oder durch Zugangsrampen, die die Künstlerin gekauft hat, um einen Ort betreten zu können (Untitled, 2014). Diese im Raum verstreuten Werke treten in einen Dialog mit den Werken der Dauerausstellung, die an ihrem Platz belassen wurden und die Signatur großer Männer tragen, die die Geschichte des Museums geprägt haben (Joseph Beuys, Lawrence Weiner, Lothar Baumgarten, Michelangelo Pistoletto, Sigmar Polke …). So steht eine gebrauchte Holzrampe, die einsam auf dem Marmorboden liegt und ihrer Gebrauchsfunktion beraubt ist, dem Revolutionsklavier (1969) von Joseph Beuys gegenüber – ein in einer Glasvitrine eingeschlossenes Klavier mit rund hundert verwelkten Rosen – wie zwei Hinterlassenschaften einer performativen Geste, die jeweils ihre eigene politische Brisanz besitzen.

Überall in der Ausstellung entsteht eine Art Spannung zwischen einer gewissen minimalistischen, klinischen Kühle, die der Architektur und vielen Werken innewohnt, und dem organischen, zerbrechlichen und körperlichen Charakter vieler verwendeter Ready-made-Elemente. Das erinnert an die Arbeit von Cady Noland, zumal auch diese 2018 in einer Architektur von Hans Hollein ausgestellt wurde: im MMK in Frankfurt in einer meisterhaften Retrospektive7. Hier jedoch werden Waffen und andere Gewaltobjekte durch medizinisches und pharmazeutisches Material (Atemmasken, Kondome, Desinfektionsmittel ...) ersetzt. Vorbeugung statt Zerstörung.

Im monumentalsten Saal des Museums Abteiberg präsentiert die Künstlerin zwei unterschiedliche Serien: die Missions (2025), eine Zusammenstellung von Aluminiumplatten im Format deutscher Autobahnschilder, jedoch ohne jegliche Beschriftung, und die Polyurethane Foams (2016), schwarze Monolithen aus schalldämmendem Polyurethanschaum. Zwischen den ihrer Bedeutung entzogenen Tafeln und den schallabsorbierenden Schaumquadern geht von dem Raum und den Körpern, die sich darin befinden, eine seltsame Atmosphäre aus, die uns den Raum um uns herum und die fragile, poröse Dynamik zwischen Menschen und Materie bewusster macht.

Bildnachweise:

  1. Park McArthur, Is this an investment, pied-à-terre, or primary residence?, 2018, Paint on wall, Altered Museum of Modern Art Projects logo scaled to gallery dimensions 9.8 x 59 m as installed at Museum Abteiberg, Courtesy of the artist, Foto: Simon Vogel, Installationsansicht PARK McARTHUR Contact M, Museum Abteiberg Mönchengladbach

  2. Park McArthur, Missions, 2025, Aluminum, Courtesy of the artist, Foto: Simon Vogel, Installationsansicht PARK McARTHUR Contact M, Museum Abteiberg Mönchengladbach

  3. Park McArthur, Contact M at Museum Abteiberg, Mönchengladbach, 2025, Installation view of Extended Fantasy, 2023 and Polyurethane Foam, 2025, Courtesy of the artist Foto: Simon Vogel, Installationsansicht PARK McARTHUR Contact M, Museum Abteiberg Mönchengladbach


  1. Cladders, Johannes (Interview mit Hans Ulrich Obrist). In: Obrist, Hans Ulrich: A Brief History of Curating. Zürich: JRP|Ringier; Dijon: Les presses du réel, 2008, S. 52-64. 

  2. Johannes Cladders übernahm 1967 die Leitung des Museums Abteiberg. 1972 begann Hans Hollein mit dem Gestaltungsprozess des Museums, der bis zur Eröffnung des neuen Gebäudes 1982 andauerte. 

  3. Contact M von Park McArthur, Museum Abteiberg, Mönchengladbach, 15. März bis 28. September 2025. 

  4. Park McArthur. Projects 195, Museum of Modern Art, New York, 27. Oktober 2018 bis 27. Januar 2019.  

  5. Das Museum ist terrassenförmig an einem Hang angelegt und verfügt über zahlreiche Treppen, um von einem Raum zum anderen zu gelangen. 

  6. Aus der Pressemappe zur Ausstellung Park McArthur. Poly, Chisenhale Gallery, London, 2016.  

  7. Cady Noland, Museum für Moderne Kunst, 27. Oktober 2018 bis 26. Mai 2019. Das Museum wurde 1991 von Hans Hollein fertiggestellt.