AFFG ist ein französisches Künstlerinnenduo, bestehend aus Aurélie Ferruel (geb. 1988) und Florentine Guédon (geb. 1990), das seit etwa zehn Jahren in den Bereichen Skulptur und Performance-Kunst zusammenarbeitet. Auf der Grundlage anthropologischer Beobachtungen, von Erzählungen und natürlicher Werkstoffe ist ihre Arbeit Teil einer Erfahrung des Sinnlichen, in der die halbburleske und vernakuläre Bildsprache unsere zeitgenössischen Gesellschaften hinterfragt, um ihre Ursprünge und Absurditäten zu enthüllen. Mit ländlichen Akzenten dienen ihre aus Heu, Erde, Ungeziefer und Holz gefertigten Werke als Nährboden für den Aufbau fantasievoller und organischer Installationen, aus denen Erzählungen auf bestickten Textilien und weiche, in durchscheinendem Glas mundgeblasene Formen erblühen. Aus der Begegnung und dem Austausch entstehen gemeinsame Schaffensprozesse, bei denen die Egos der beiden Künstlerinnen zugunsten kollektiver Werke in den Hintergrund treten. Die beiden Künstlerinnen haben kein gemeinsames Atelier und arbeiten zunächst allein in ihren jeweiligen Kunstrichtungen, bevor sie sich gegenseitig ihre Gaben offenbaren und sie zusammenführen.
Ihre Arbeit, die durch volkstümliche Riten und regionales Fachwissen bereichert wird, stützt sich auf althergebrachte Traditionen, die sie zu überwinden versuchen. Indem sie sich mit Humor, Spontaneität und einem kritischen Geist von diesem Erbe befreien, machen sie eine imaginäre Welt sichtbar, die aus lebenden Materialien und mit sparsamen Mitteln aufgebaut ist. Nach dem Vorbild der Flüchtigen von Alain Damasio verleihen sie durch ein Repertoire an wiederbelebten Formen, die mal herzerweichend, lustig oder abstoßend sind und uns wieder mit der Energie des Lebens und den Jahreszeiten verbinden, einem zwischen der Erde, uns selbst und den Anderen zerrissenen Band einen neuen Zauber. Durch ihre Arbeit mit dem Lebendigen gelingt es ihnen, eine zukünftige Geschichte mit dem Bestehenden zu kreieren, die als einzige Spur den Geschmack der Freiheit hinterlässt.
Für Les Vitrines des Institut français Berlin hinterfragt das Duo die Rolle dieses Kunstraumes: ein heiliger Ort, ein Ausstellungsraum, ein kommerzieller Ort, ein Raum des Schutzes, der Versuchung und der Aufbewahrung. Das Künstlerduo AFFG beschäftigt sich mit dem Platz einer lebenden Welt, verborgen unter eine Glasglocke, die ihrer natürlichen Entwicklung beraubt ist. Die erdachte Szenografie hinterfragt unsere sensorische Verbindung in einer krisengebeutelten Zeit und entstaubt den traditionellen Raum des Ausstellungsortes, um zu einem Schauplatz neuer Geschichten zu werden.
Drei Fragen an AFFG :
Zusammengetragen von Anne-Laure Lestage
Woher kommt Ihre Beziehung zur Erde?
Die Erde war in unseren Projekten schon immer präsent. Wir haben uns zunächst für das interessiert, was aus ihr hervorgeht. Die Ernten, wie die Weinlese oder die Getreideernte, standen am Anfang unserer Beziehung zur Erde. Das produzierte Heu wurde zum Ausgangsmaterial für die Gestaltung unserer Skulpturen. Wir haben uns mit diesem Material auseinandergesetzt, um es besser kennenzulernen und damit arbeiten zu können, um ihm die von uns erdachten Formen zu geben. Anfang 2019 wurde die Erde selbst zum Werkstoff und Teil unserer Installationen. Alle unsere Skulpturen aus Lehm haben ein Gerüst aus Heu. Obwohl beide als wenig beständige Materialien betrachtet werden, macht ihre Verbindung sie fest, massiv und schwer. Heute führen uns unsere Arbeiten tiefer in diese Erde hinein, um dort auf die zu treffen, die dort die meiste Zeit verbringen.
Wie wurde die Anthropologie Teil Ihrer Arbeit?
Uns war nicht sofort klar, dass das, was wir taten, etwas mit Anthropologie zu tun hat. Es begann aus dem Wunsch und dem Bedürfnis heraus, uns gegenseitig kennenzulernen, indem wir die Türen unseres Zuhauses füreinander öffneten, ehe wir schließlich das Verlangen verspürten, andere Leben zu entdecken. So offenbarten sich uns immer wieder neue Formen des "Zusammenarbeitens", ohne in Worte zu fassen, was wir gerade taten. Worte waren notwendig, um anderen verständlich zu machen, was wir taten, und um uns selbst zu helfen, unsere Arbeit weiterzuentwickeln.
Könnte man Ihre Arbeit als ökologische Kunst bezeichnen?
Es ist uns egal, als was man sie „bezeichnet“. Nichtsdestotrotz ist die Wahl unserer Arbeitsmaterialien nicht ohne Bedeutung. Wir wollen wissen, wie diese Materialien hergestellt werden, wo wir sie finden können und wer es uns ermöglicht, sie zu verwenden. Wir versuchen, die Materialien, mit denen wir arbeiten, so umfassend wie möglich zu sammeln. Bei Projekten, bei denen wir Lehm verwenden, stellt sich jedes Mal die Frage, wo und wie wir uns damit versorgen können. Die Einbindung des entsprechenden Ortes wird plötzlich konkret und explizit, wenn wir die Anforderung stellen, den Lehm direkt vor Ort zu finden, und zwar am besten auf "einfache Weise" (ein Begriff, der sehr ironisch werden kann), indem wir ein Loch graben und ihn entnehmen. Es ist eine Herausforderung, die sich von Ort zu Ort verändert. Damit es für uns Sinn macht, müssen wir unsere Materialien leicht finden und die Erde muss dorthin zurückkehren können, wo wir sie hergeholt haben. Wir versuchen einfach, diesen Materialien mit unseren vier Händen und unseren Werkzeugen eine neue Form zu geben.