Growing Villages - the future is not metropolitan

Ausschreibung 2023

Vor fast 20 Jahren befasste sich die Ausstellung „Shrinking Cities“ (kuratiert von Philipp Oswalt) mit dem Niedergang großer Weltstädte (Detroit, Manchester, Halle/Saale, Iwanowo). Die durch den Bevölkerungsrückgang und die wirtschaftlichen, politischen und industriellen Krisen geschwächte Dynamik verhinderte dennoch nicht eine gewisse Innovationsfähigkeit und Kreativität.

Zwei Jahrzehnte, eine globale Pandemie und eine Klima- und Energiekrise später werden die Grenzen bezüglich der Lebensqualität in Großstädten deutlich. Andere Lebensräume – wie Kleinstädte und Dörfer – gewinnen aufgrund des sich bietenden Raums, der Nähe zur Natur und des Lebensrhythmus an Attraktivität. Home-Office und Umweltnotstände ziehen immer mehr junge Berufstätige und Familien in die ländlichen Gebiete.

Learning from … the metropolis

Wie kann man diese Gebiete gestalten, ohne ihr Qualitätsniveau zu senken? Wie können Arbeitnehmer:innen der digitalen Welt angezogen werden und welche Alternativen gibt es zu ihren Arbeitsplätzen in Hochhäusern aus Glas und Stahl? Wie kann man sich auf dem Land ohne öffentliches Verkehrsnetz “fortbewegen” und dabei das Klima schützen? Kann man Gebäude in Piseebauweise oder mit anderen lokalen und natürlichen Baumaterialien errichten? Wie können Dörfer entwickelt werden, ohne die Baufehler der Großstädte zu wiederholen?

Heimat, Entschleunigung, Feiern und Videospiele

Es gibt zahlreiche kulturelle Beispiele, die sich mit der Rolle des ländlichen Raums befassen: vom charakteristischen deutschen Dorf in der Fernsehserie Heimat (Edgar Reitz, 1984) über die utopischen und visionären Versuche der Hippiegemeinschaften in den 1970er Jahren (Kollektivierung, Selbstversorgung, geodätische Architektur) bis hin zu den Neubauern des 21. Jahrhunderts, die sich der Entschleunigung verpflichtet haben. Nicht zu vergessen die verrückten Experimente des Burning-Man-Festivals in der Wüste von Nevada, aber auch der enorme Erfolg des kollaborativen Videospiels Minecraft, bei dem jeder sein Dorf aus Pixeln aufbaut.

Die Inspirationen für die Schaffung und Entwicklung von Dörfern – und neuen, kleinen städtischen Einheiten am Rande der großen Metropolen – sind zahlreich.

Die Bewerber:innen wurden aufgerufen, sich das Dorf von heute oder sogar der Zukunft vorzustellen. Ein Dorf, das sich weiterentwickelt, wächst und gedeiht, ohne dabei zu einer Großstadt zu werden. Ein soziales und gesellschaftliches Gebiet, das die Natur respektiert …
Dabei ging es nicht darum, technische, wirtschaftliche oder logistische Probleme zu lösen, sondern neue, utopische, überraschende und aufregende Situationen zu schaffen und zu erfinden.

Die einzigen Grenzen sind die der Vorstellungskraft der Wettbewerber:innen!

Die Preisverleihung fand am Donnerstag, den 23. November 2023, im AIT-ArchitekturSalon Hamburg, in Anwesenheit der für die drei besten Projekte verantwortlich zeichnenden Gewinner:innen, der Jury und der Organisator:innen des Wettbewerbs statt.

Die Jury würdigte die Bewerber:innen für ihre neue Herangehensweise an das sehr aktuelle Thema und ihre vielfältigen Vorschläge zu dessen Interpretation. Häufig wurde Umwelt‑, Wirtschafts- und auch Mobilitätsfragen die meiste Aufmerksamkeit geschenkt, wohingegen die als am relevantesten eingestuften Projekte die identitätsstiftenden heimischen Traditionen und Verfahren eines Dorfes in den Mittelpunkt stellten. Die überbordende, zum Utopismus neigende Vorstellungskraft der Bewerber:innen wurde von allen Jurymitgliedern positiv hervorgehoben. Zu den Auswahlkriterien gehörten auch die Qualität der schriftlichen Ausarbeitung des Projekts und die Sorgfalt bei den Illustrationen.

  1. Der erste Preis ging an das Projekt The caretakers – An exploration on a traumatized landscape von Cécile Gaudard (geb. 1998 in Orcines, Frankreich
  2. Der zweiten Preis ging an das Projekt Transhumance: a model for growing villages von Kim Tzarowsky (Berlin) und Maria José Landeta Valencia
  3. Den dritten Preis ging an das Projekt Kooperatives Hinterland von Sarah Pens (geb. 1997 in Hannover)

Außerdem hat die Jury entschieden, zwei Projekte mit einer special mention zu würdigen:

  • Das Unbequeme Dorf von Benedikt Hartl
  • Make Ines stay? von Johanna Bendlin, Laura Villeret und Falma Fshazi

Zusätzlich zu den Preisträger:innen und den besonderen Erwähnungen werden an diesem Abend 5 weitere Projekte vorgestellt, die von der Jury aufgrund ihrer Qualität ausgezeichnet wurden. Die 5 Projekte sind (in alphabetischer Reihenfolge):

  • Always there, very personal von Sunghoon GO
  • Achkarren-Growing and Sustainable village, von Pavel KOSENKOV
  • Rethinking villages – Reinventing Reurbanism von Franziska MICHL
  • Cross-Border Placemaking, von Alexandra SCHARTNER
  • Rutopie – rural, village, future von Leonie WREDE

Jury

Antje Stokman
Landschaftsarchitekt und Professor für Architektur und Raumplanung an der HafenCity Universität Hamburg.

Djamel Klouche
Gründer und Hauptgesellschafter des Architekturbüros l’AUC in Paris und Professor an der ENSAV Versailles

Olivier Gaudin
Professor an der École de la Nature et du Paysage (INSA CVL) in Blois, Frankreich

jan Liesegang
Mitbegründer von Raumlabor Berlin und Professor an der Bergen Architecture School.

Preisträger·innen

Special mention

Weitere ausgewählte projekte