Kuratorische Residenz

Dieses Programm bietet einem:einer jungen französischen Kurator:in die Möglichkeit, Teil des Teams einer deutschen Institution im Rahmen eines kuratorischen Residenzprogramms zu werden.

Jeunes Commissaires sucht im Rahmen einer kuratorischen Residenz in einer Kunstinstitution, dem Kunstmuseum Bochum, eine Ausstellungskuratorin oder einen Ausstellungskurator.

Zeitraum des Projekts: 01. Mai bis 31. Oktober 2025

Der Aufruf richtet sich an französische oder in Frankreich wohnhafte Ausstellungskurator:innen.

Das Programm „Jeunes Commissaires“ wurde 2013 vom Büro für Bildende Kunst (BAV) des Institut français Deutschland in enger Zusammenarbeit mit dem französischen Ministerium für Kultur und dem Deutsch-Französischen Jugendwerk (DFJW) ins Leben gerufen. Ziel von „Jeunes Commissaires“ ist es, neue Formen der Unterstützung für aufstrebende Ausstellungskurator:innen aus Frankreich in der deutschen Kunstszene zu etablieren.
Jedes Jahr unterstützt das BAV die Arbeit eines/r Ausstellungskurators:in aus Frankreich in einer Partnereinrichtung in Deutschland. Die Auswahl wird entsprechend der Relevanz der vorgestellten Projekte in dem von den Teams des BDAP und der Partnereinrichtung vorgegebenen Rahmen getroffen. 2025 wird die Partnerschaft vor diesem Hintergrund mit dem Kunstmuseum in Bochum geschlossen, einem 1921 als Städtische Kunstgalerie gegründeten Museum, das heute eine vielseitige Sammlung hat. Sie besteht aus mehr als 8000 Objekten, die insbesondere ein breites Spektrum an europäischer Kunst nach 1945 abbilden. In jüngster Zeit wurde die Sammlung durch einen Nachlass mit einer großen Menge Fluxus-Werke bereichert. Das Kunstmuseum bietet einem/r Kurator:in die Möglichkeit, in enger Abstimmung mit seinem Kurator:innenteam zu arbeiten und es bei der Entwicklung einer großen Ausstellung zu unterstützen, die sich mit der Frage beschäftigt, wie man heute Arbeiten von Fluxus-Künstler:innen, die oft ephemer angelegt waren, ausstellen kann.

Ausstellungsprojekt How We Met. Der (Fluxus) Nachlass der Galeristin Inge Baecker
11.10.2025 - 15.02.2026

Fluxus1 basierte auf der Idee, eine bessere Welt zu „basteln“ und dem Drang, nach den Schrecken des Zweiten Weltkriegs an einem Neubau der Gesellschaft zu arbeiten – mithilfe von Musik, Malerei, Performance und Architektur. Mit ihrer Auflehnung gegen Konventionen, ihrem entschieden antiautoritären und anti-eurozentrischen Denken und der Anerkennung einer pluralistischen Gesellschaft, nahm die Fluxus-Bewegung Ideen und Bestrebungen heutiger Diskussionen innerhalb der Gesellschaft und ihrer Institutionen vorweg.

Seit seinem Ursprung in den 1960er-Jahren in New York, wurde aus dem losen Kollektiv internationaler Künstler:innen bald ein globales Netzwerk, das sich in Deutschland vor allem in Nordrhein-Westfalen und Hessen formierte. In Wiesbaden, Köln und Düsseldorf fanden Happenings, Konzerte und Aktionen statt. Dass auch Bochum eine kleine, aber wichtige Rolle für die Etablierung der Fluxus-Künstler:innen spielte, wissen nur wenige. Die in Bochum geborene Galeristin Inge Baecker gründete 1970 eine Galerie für Avantgarde-Kunst, die sie mit großem Gespür leitete. Bevor sie in den 1980er-Jahren mit ihrer Galerie nach Köln umzog, schrieb sie in Bochum ein Kapitel Kunstgeschichte, das international Bedeutung erlangte. Nach ihrem Tod im Jahr 2021 vermachte sie ihren Nachlass von über 700 Kunstwerken, darunter ein außergewöhnliches Konvolut an Fluxus-Werken, der Sammlung des Kunstmuseums.

Inge Baecker präsentierte viele internationale Vertreter:innen konzeptueller und intermedialer Kunst – zum Teil erstmalig in Deutschland. So fanden in ihrer Bochumer Galerie direkt gegenüber dem Kunstmuseum in den 1970er-Jahren Performances von Takako Saito statt, der das Kunstmuseum erst vor kurzem eine große Einzelausstellung widmete (Pi – Pi¬¬– po, po 2023). Baeckers sechs Ausgaben der „Bochumer Kunstwochen“ im damals neu gebauten Einkaufszentrum Ruhrpark sind mittlerweile legendär (1972 bis 1979). Wolf Vostells einbetonierte Verkaufstheke „Olympia-Hymne“, das „TV-Cello“ von Nam June Paik und Mauricio Kagels „Beethovenzimmer“ sowie Werke der Künstler Allan Kaprow und Milan Knížak hatten dort ihren Ursprung und sind heute Teil der Sammlung des Kunstmuseums – sie zeugen von Baeckers Pioniergeist und ihrer Verbundenheit zu ihrer Geburtsstadt.

Nun findet nach drei Jahren der Sichtung und Inventarisierung eine groß angelegte, eigenwillige Sonderausstellung der Kunstwerke aus dem Nachlass Inge Baeckers statt, die eine Lücke zur Performance- und Konzeptkunst der 1970er- und 80er-Jahre der Bochumer Kunstsammlung schließen. Anspruch der großen Ausstellung ist es, die Ideen und Gedanken der Fluxus-Bewegung in die Gegenwart zu tragen und einem breiten Publikum auf attraktive Weise nahezubringen. Gerade die Fluxus-Bewegung sprengte die Museen sowohl von innen nach außen und umgekehrt und wirkte gleichermaßen ästhetisch wie politisch. Mit der Abwendung vom einzelnen Genie hin zu einem kollektiven und prozessorientierten Ansatz, wo mehr die Idee als das Werk selbst zählt, hat die Fluxus-Bewegung den Kunstbegriff radikal erweitert.

Die Ausstellung bietet die Chance, Museum und Publikum spielerisch herauszufordern: Wie können wir die Ideen des Fluxus in die Gegenwart übersetzen? Wie bewahrt und zeigt ein Museum Kunstwerke, die ephemer angelegt sind und wie können sie für ein Laienpublikum zugänglich gemacht werden? Kann Fluxus helfen, die Institution Museum mithilfe von Musik, Malerei, Performance und Architektur neu zu denken – als antiautoritäre, offene, eigensinnige und diverse Institution (so der Anspruch des Kunstmuseums Bochum)? Nicht zuletzt zeigt die Ausstellung auf, wie lokale Aktivitäten wie die Bestrebungen der Bochumer Galerie Inge Baecker heute nachwirken und in globale Kontexte eingebettet sind.

In dem großangelegten Ausstellungsvorhaben, das sich über zwei Ausstellungsetagen zieht (insgesamt knapp 1500 m2), zeigen wir die vielschichtigen Werke aus dem Nachlass Inge Baeckers neben Neuproduktionen zeitgenössischer Künstler:innen, spüren in einem umfangreichen Vermittlungs- und Performanceprogramm den Ideen, Humor und Ansprüchen der Fluxus-Bewegung nach und schaffen gemeinsam mit dem Publikum einen Gegenentwurf zu konventioneller Ausstellungspraxis.

Der Ausstellung geht eine intensive Recherche und Zusammenarbeit mit dem Kölner Institut ZADIK (Zentralarchiv für deutsche und internationale Kunstmarktforschung) voraus. Das ZADIK war eng mit Inge Baecker verbunden. Im Jahr 1994 übergab sie dem ZADIK ihr Galeriearchiv und vertraute diesem somit ein Stück ihrer Geschichte an. Inge Baecker wurde dann 1998 zur Nachfolgerin von Rudolf Zwirner als Vertreterin der Donator:innen in den ZADIK e.V.-Vorstand gewählt, dem sie bis zu ihrem Tod 2021 angehörte. Das ZADIK ist im Besitz wertvoller Archivmaterialien zur über 50-jährigen Galerietätigkeit von Inge Baecker, u.a. zahlreicher Korrespondenzen mit Künstler:innen und Sammler:innen.

Aufgaben

Der oder die Kurator:in wird sich dem Team des Kunstmuseums Bochum anschließen, um das Kurator:innenteam bei den verschiedenen Aufgaben der Einrichtung zu unterstützen. Die Aufgaben, an denen sich der oder die Kurator:in beteiligen wird, sind folgende:

  • Unterstützung des Kurator:innenteams des Kunstmuseums bei allen anfallenden Ausstellungsvorbereitungen (Textarbeit, Kontakt zu Künstler:innen, Aufbereitung von Werklisten etc.), Mitarbeit an der inhaltlichen Entwicklung und der Produktion der Ausstellung sowie in der Vorbereitung und Durchführung von Veranstaltungen im Rahmen des Vermittlungsprogramms rund um die Ausstellung ‚How We Met‘.
  • Erstellung des Konzepts und Organisation eines Workshops für ein junges Publikum (unter 36 Jahre) rund um Themen aus der Ausstellung in Zusammenarbeit mit dem Team der Vermittlung.

Der oder die Kurator:in muss außerdem einen Tätigkeitsbericht verfassen, der auf der Seite www.jeunescommissaires.de veröffentlicht wird.

Vorstellung des Kunstmuseums Bochum

Neugier, Experimentierfreude und eine Einladung zum offenen Austausch stehen im Mittelpunkt des Programms des Kunstmuseums Bochum. Am Rande des Stadtparks und einen Katzensprung von der Bochumer Innenstadt gelegen, versteht sich das Kunstmuseum Bochum als ein Ort mit Werkstattcharakter, an dem viel möglich ist und viele beteiligt sind.
In zwei miteinander verbundenen Gebäuden spiegelt sich der Charakter des Kunstmuseums wider: In der weitläufigen Architektur lädt das Museum in wohnlicher Atmosphäre ein, moderne und zeitgenössische Kunst zu erleben — von Ausstellungen bis hin zu Performances — und mit ihr in den Austausch zu treten. Schwerpunkt der vielseitigen Sammlung, die aus mehr als 8000 Objekten besteht, liegt neben einigen Highlights aus dem frühen 20. Jahrhundert, vor allem auf einem sehr breiten Spektrum an europäischer Kunst nach 1945, wie Zofia Kulik, Andy Warhol, Louise Nevelson und Tadeusz Kantor. In jüngster Zeit wurde die Sammlung durch einen Nachlass mit einer großen Gruppe Fluxus-Werke bereichert.

Zur Internetseite des Kunstmuseums Bochum

Gesuchtes Bewerber·innenprofil

  • Ein Bildungshintergrund im Kuratieren von Ausstellungen sowie eine sehr gute Kenntnis der internationalen Kunstszene sind erwünscht.
  • Sie haben eine gute Kenntnis und ein Verständnis der Funktionsweise eines Museums sowie bringen ein besonderes Interesse für FLUXUS und fühlen sich vom Programm des Kunstmuseums angesprochenen.
  • Sie haben ausgeprägte Ideen über die Zukunft der Museen und sind in der Lage, diese Ideen in Projekten umzusetzen. Sie haben gute Kenntnisse zu aktuellen gesellschaftspolitischen Diskursen.
  • Sie verstehen das Potential von Vermittlungsarbeit für eine öffentliche Kunstinstitution und sind bereit, intensiv mit den Teammitgliedern für analoge und für digitale und hybride Vermittlung zusammenzuarbeiten.
  • Sie können für unterschiedliche Zwecke und Leser:innen Texte schreiben.
  • Sie haben einen diversitäts- und diskriminierungssensiblen Umgang mit Besucher:innen und Kolleg:innen.
  • Sie verfügen über die französische Staatsbürgerschaft oder haben einen Wohnsitz in Frankreich.
  • Sie verfügen über die Möglichkeit, von Mai bis Oktober 2025 in Bochum wohnhaft zu sein, und organisieren Ihre Unterbringung selbst.
  • Die Beherrschung der englischen Sprache ist eine zwingende Voraussetzung, Deutschkenntnisse sind von Vorteil.
  • Sie sind zu Beginn der Tätigkeit nicht älter als 35 Jahre.

Vergütung und Dauer

Der Arbeitszeitraum erstreckt sich über sechs Monate, von Mai bis Oktober 2025.

Das Gesamtbudget von 12.000 € (inkl. Steuern) besteht aus folgenden Teilen:

  • Honorar des/r jungen Kurators oder Kuratorin für die Begleitung und Kuratieren des Projekts in Höhe von 7.200 € inkl. MwSt. (d.h. 1.200 € inkl. MwSt. pro Monat für 6 Monate)
  • Honorar des/r jungen Kurators oder Kuratorin für die Vorbereitung und Durchführung des Workshops für ein junges Publikum in Höhe von 1.500 € inkl. MwSt. (d.h. 250 € inkl. MwSt. pro Monat für 6 Monate)
  • Unterkunftskosten von 3.000 € inkl. Steuern (d.h. 500 € inkl. Steuern pro Monat für 6 Monate)
  • Kosten für Reisen zwischen Frankreich und Deutschland 300 € inkl. MwSt.

Das Projekt wird in Präsenz durchgeführt und erfordert einen Arbeitsaufwand von fünf Tagen pro Woche (40 Stunden/Woche).

Bewerbungsunterlagen als PDF

  • ein Lebenslauf einschließlich des Geburtsdatums und der SIRET-Nummer
  • ein Motivationsschreiben (eine Seite)
  • eine Liste der Projekte, an denen der oder die Kurator:in teilgenommen hat (sofern diese nicht bereits im Lebenslauf enthalten ist)

Bitte senden Sie Ihre Bewerbungsunterlagen in englischer Sprache per E-Mail an die folgende Adresse: info.bdap@institutfrancais.de
Maximale Gesamtgröße der Dokumente: 5 MB

Ende der Bewerbungsfrist: 3. März 2025
Bewerbungsgespräche: in der Woche vom 17. März

Kontakt
Bureau des arts visuels | Institut français Deutschland
Französische Botschaft, Pariser Platz 5, 10117 Berlin
+49 (0)30 590 03 9244
info.bdap@institutfrancais.de
Leiterin: Oriane Durand | Kulturbeauftragte: Alix Weidner

Dieses Projekt wird mit der Unterstützung des französischen Ministeriums für Kultur und des Deutsch-Französischen Jugendwerks (DFJW) durchgeführt.


  1. Fluxus, ein lose verbundenes internationales Kunstkollektiv, wurde in den 1960er-Jahren von den Avantgardekünstler*innen Ay-O, Mary Bauermeister, Joseph Beuys, Bazon Brock, George Brecht, John Cage, Arthur Køpcke, Benjamin Patterson, Dick Higgins, Robert Filliou, Ludwig Gosewitz, Alison Knowles, George Maciunas, Charlotte Moorman, Yoko Ono, Robin Page, Nam June Paik, Takako Saito, Carolee Schneeman, Tomas Schmit, Mieko Shiomi, Ben Vautier, Wolf Vostell und Emmett Williams uvm. geprägt. 

Bewerbungsunterlagen

Ausgewählte Kurator*innen seit 2016